Dies ist die Fortsetzung vom letzten Beitrag namens „Eine Nacht außer Haus“.
Meine Nacht verging ohne besondere Vorkommnisse. Es war mild, windstill und ich stand sicher auf dem Holzgeländer.
Was mir später erzählt wurde:
Die Nacht meines Menschen verlief anders.
Auf der gesamten Heimfahrt hat mein Mensch bitter geweint und sich ohne Ende Sorgen um mich gemacht.
Nachts konnte sie nicht schlafen, weil sie ständig gehofft hat, dass die Batterie vom Sender hält, dass ich sicher stehe, dass kein Fuchs oder Uhu bei mir vorbei kommt usw.

Dass die Menschen sich immer so viele Sorgen machen müssen…
Naja, aber ein bißchen geehrt fühlte ich mich schon, dass wegen mir so viele Tränen vergossen wurden.
Als es am nächsten Tag hell wurde, plagte mich mein Hunger.
Siehe da, hinter dem Fenster stand ein Mann mit einem grauen Bart, der freundlich und interessiert zu mir heraus schaute.
Ich schaute freundlich und interessiert zu ihm rein.
So verging etwas Zeit, ohne dass er auf die Idee kam, mich zu füttern, aber genau das wäre seine Aufgabe gewesen. Also meiner Meinung nach. 😉
Ich nahm das Geräusch eines Autos wahr, das hinter dem Haus stoppte. Und plötzlich sah ich sie, meinen Menschen. 🙂
Sie stand dort und winkte mit meinem Frühstück.
Endlich!
Ich flog sofort zu ihr und verputzte die Küken, die sie mir mitgebracht hatte.
Lieferservice funktioniert also. 😉

Auf dem Heimweg erzählte mir mein Mensch, dass sie im Morgengrauen losgefahren waren, an den Ort, an dem sie am Vorabend aufgehört hatten, mich zu suchen. Das schönste Geräusch, das mein Mensch je gehört hat (sagt sie), war das Piepsen des Empfängers. Die Batterie meines Senders hatte also gehalten.
Sie wurden wegen Hanglage und Häuser am frühen Morgen von der Antenne noch ein bisschen in die Irre geführt, fanden dann aber den Weg in das Wohngebiet und zu dem Haus.
(in Gönningen, bei Reutlingen)
Der laute Plumps war der Stein, der ihr vom Herzen fiel, die Erleichterung, mich zu finden.
Ein Riesendankeschön soll ich von meinem Menschen an die Polizei (Reutlingen) ausrichten!
Nach meinem Verschwinden rief mein Mensch die 110 an und meldete mich als vermisst. Abends rief eine ganz liebe Polizistin an und fragte nach, wie es meinem Menschen geht und ob sie mich gefunden hat. Als wir uns am nächsten Morgen dann wieder hatten, rief mein Mensch wieder die 110 an, um das zu melden. Der Polizist war wieder supernett und freute sich mit ihr.
Einfach toll, die Truppe bei der Polizei! 🙂
Falls ihr also mal einen Greifvogel auf dem Balkon sitzen habt, der Geschüh trägt und euch hungrig anschaut, ruft ruhig die Polizei an, die wissen dann bestimmt, wer ihn vermisst.
Viele Greifvögel, die Falknern gehören, tragen an einem Fuß ein kleines Schild, auf dem die Telefonnummer des Falkners steht. Da könntet ihr auch mal mit dem Fernglas schauen, ob ihr was erkennt.
Auch wenn wir hungrig schauen, bitte nicht füttern! Ihr meint das bestimmt gut, aber vielleicht ist das, was ihr uns gebt, nicht gesund für uns.
An dem Tag des Wiedersehens bekam ich so viele Küken, wie ich atzen konnte, bis mein Kropf gespannt voll war und ich meine Füße nicht mehr sehen konnte. Und mein Mensch nahm es mir nicht krumm, dass ich einen Ausflug gemacht hatte. Ich solle einfach beim nächsten Mal nicht ganz so weit weg fliegen. 😉
Und mein Mensch sagte, dass jeder Falkner so etwas mal durchmacht.
This is the continuation from the last post called „One night away from home“.
My night passed without any special incidents. It was mild, windless and I stood safely on the wooden railing.
What I was told later:
My human’s night passed differently.
During the whole trip home, my human cried bitterly and worried about me without end.
At night she could not sleep because she constantly hoped that the battery from the transmitter would last, that I would stay safe, and that no fox or eagle owl would get close to me, etc.
That people always have to worry so much…
Well, but I felt a little honored that so many tears were shed because of me.
When it got light the next day, my hunger was bothering me.
Behind the window stood a man with a gray beard, looking out at me with friendly interest.
I looked in at him friendly and interested.
So some time passed without him getting the idea to feed me, but that would have been exactly his job. So in my opinion 😉
I perceived the sound of a car stopping behind the house. And suddenly I saw her, my human. 🙂
She was standing there waving my breakfast.
Finally!
I immediately flew to her and polished off the chicks she had brought me.
So delivery service works 😉
On the way home, my human told me that they had left at dawn, to the place where they had stopped looking for me the night before. The most beautiful sound my human had ever heard (she said) was the beeping of the receiver. So my transmitter’s battery had lasted.
They were still a bit misled by the antenna because of the slope and houses in the early morning, but then found their way to the residential area and to the house.
(in Gönningen, near Reutlingen)
The loud plop was the stone that fell from her heart, relieved to have found me.
I want to say a big thank you from my human to the police (Reutlingen)!
After my disappearance, my human called the 110 and reported me missing. In the evening a very nice policewoman called and asked how my human was doing and if she had found me. Then the next morning when we had each other again, my human called the 110 again to report it. The police officer was again super nice and happy for her.
Simply great, the troop at the police!
So if you ever have a bird of prey sitting on the balcony, wearing jesses and looking at you hungrily, feel free to call the police, they will know for sure who is missing him.
Many birds of prey, which belong to falconers, have a small sign on one foot, on which the telephone number of the falconer is printed. You could look there with the binoculars, in case you can read it.
Even if we look hungry, please do not feed! You probably mean well, but maybe what you give us is not healthy for us.
On the day of the reunion I got as many chicks as I could eat until my crop was stretched full and I could no longer see my feet. And my human didn’t take it amiss that I had taken a trip. I should simply not fly quite so far away next time 😉
And my human said that every falconer goes through something like that.