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Vorurteile gegenüber Falknern

Fragt ihr euch manchmal, warum ich bei meinem Menschen lebe und bleibe, ob es mir da wirklich gut geht, oder ob es mir nicht vielleicht in der Natur besser gehen würde?
Es gibt einige Vorurteile gegenüber der Falknerei, und mein Mensch sagt, sie hätte früher auch anders gedacht als heute.
„…Die armen Vögel sind angebunden…die dürfen nur fliegen, wenn es der Mensch erlaubt…das ist doch nicht artgerecht…die müssen hungern, damit sie dem Menschen gehorchen…usw.“ – so oder so ähnlich denken manche Menschen und ich kann das verstehen.
Wenn man über etwas nicht Bescheid weiß, dann macht man sich seine eigenen Gedanken und möchte natürlich nur das Beste für die Tiere.

Mein Mensch möchte zusammen mit mir viele Leute informieren, damit sie sich dann mit den ganzen Fakten und Eindrücken eine neue fundierte positive Meinung bilden können.
Nur was man kennt, kann man mögen, und was man mag, möchte man beschützen.
Ich bin sozusagen eine Botschafterin. 🙂
Natürlich gibt es auch unter den Falknern schwarze Schafe, es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass es allen Falken und Greifvögeln in Menschenhand optimal gut gehen würde. Es gibt auch böse Eltern, gewalttätige Hundebesitzer, sadistische Katzenbesitzer, etc.
Was ich damit sagen will: es gibt überall, in jeder Gruppe böse und/oder dumme Menschen, das läßt sich leider nicht verhindern. Man kann es nur durch Kontrollen und Anzeigen so klein wie möglich halten.
Die Falknerei deswegen ganz verbieten? Bitte nicht!
Dann gäbe es keine Falkner mehr, die verletzte Greifvögel gesund pflegen und wieder auswildern, dann gäbe es keine Möglichkeiten mehr für Kinder, Greifvögel aus der Nähe zu bestaunen und vielleicht damit ihre Liebe zur Natur zu erwecken, dann gäbe es keine Falkner mehr, die auf eigene Kosten Falken züchten und sie auswildern, um den Bestand in der Natur zu stärken uvm.

Meine Antworten auf die häufigsten Vorurteile:

  • Angebunden sind nur Greifvögel, die sonst ausreichend Freiflug haben. Das entspricht auch dem Verhalten in der Natur. Fliegen, um zu jagen, und bei Jagderfolg wird gekröpft (gefressen), danach in Ruhe verdaut und Energie gespart. Ein Falke in der Natur kann es sich nicht leisten, ständig lustig rumzufliegen, das kostet viel Energie. Die meisten Greifvögel haben große Volieren, in denen sie sich frei bewegen können, wie z.B. beim Züchter.
  • „Gehorchen“ tut kein Greifvogel. Wir sind und bleiben wilde Tiere, wir lassen uns nicht abrichten oder erziehen. Der Falkner kann nur mit positiver Verstärkung arbeiten, d.h. es gibt Belohnungen in Form von Atzung (Fressen). Man sagt, ein Falke verzeiht nicht. Ist mein Mensch böse zu mir, behandelt mich grob oder läßt mich immer hungern, dann merke ich mir das und fliege beim nächsten Flugtraining weg, am besten genau dann, wenn ich keinen Sender trage.
    Ich vertraue meinem Menschen, und mein Mensch vertraut mir. Und ich weiß, sie tut alles, um das zu bewahren. Genau wie alle Falkner, die wir persönlich kennen.
  • Ja, früher war es anscheinend üblich, die Vögel mit viel Hunger fliegen bzw. jagen zu lassen. Heute ist das verpönt. Natürlich jage ich nicht, wenn ich einen vollen Kropf habe. Ich jage, um zu kröpfen, aber dazu muß ich nicht völlig ausgehungert sein. Ich muss Lust haben, zusammen mit meinem Menschen zu jagen, als Team. Man sagt, dass heutzutage die besten Falkner die sind, deren Vögel auch mit relativ hohem Gewicht jagen. Außerdem wird bei gemeinschaftlichen Beizjagden von Tierärzten überprüft, in welcher körperlichen Verfassung die Vögel sind.
  • Was ist artgerecht? Was brauchen Falken, um sich wohl zu fühlen? Viele Menschen gehen fälschlicherweise von sich aus, und gehen mit ihrem menschlichen Denken und Fühlen an die Sache heran. Die Falknerei hat eine jahrtausende alte Tradition, viele Vorgehensweisen haben sich bewährt und man ist gut damit beraten, einfach mal erfahrene Falkner zu fragen und sich Dinge erklären und zeigen zu lassen, bevor man etwas negativ bewertet.
  • Würde es mir in der Natur besser gehen, als bei meinem Menschen?
    Ich glaube nicht. In der Natur zu überleben ist verdammt schwierig.
    Und warum? Harte Winter, Parasiten, Hunger…das würde eigentlich schon reichen.
    Tut mir leid, das so offen sagen zu müssen, aber die Menschen machen es den Wildvögeln immer noch schwerer. 🙁
    Es gibt kaum noch naturbelassene Landstriche, sondern nur noch landwirtschaftliche Nutzflächen, auf denen wir kaum noch Beute finden, und wenn, ist die Beute vergiftet durch Pestizide, die sie mit ihrer Nahrung aufnimmt.
    Es gibt viele verglaste Gebäude, die nicht entspiegelt sind, gegen die wir knallen und uns dabei das Genick brechen. Es gibt Windkrafträder, denen viele Greifvögel zum Opfer fallen, und als wenn das noch nicht reichen würde, gibt es leider immer noch einige Menschen, die aus mir unerklärlichen Gründen Greifvögel erschießen oder vergiften. 🙁

Denkst du immer noch, ich sollte lieber in der Natur leben und meinen Menschen verlassen?
Hier geht es zu der Seite von Dr. Richard Zink
vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie an der
Veterinärmedizinischen Universität Wien.

Er schreibt über die Gefährdung der Sakerfalken in Österreich und deren Schutz. Eine sehr interessante Seite, schaut mal rein.

Und zum Schluß noch eine Anmerkung zu meinem Freiflugtraining:

Jemand sagte zu meinem Menschen, wie gemein es wäre, mir immer mein Futter wegzuziehen, und ich müsste immer hinterherfliegen.
Bis zu diesem Zeitpunkt wäre es mir nie in den Sinn gekommen, dass es so aussehen könnte, weil es für mich nicht so ist.
Das Federspieltraining kann man nur mit Falken machen, weil man damit deren natürliche Jagdmethode nachahmt und somit trainieren kann.
Ich liebe das Federspieltraining, und jedes Mal ist es anders. Mal weht mehr Wind, mal weniger, mal fliege ich kurze Angriffe, ein ander Mal fliege ich große Runden, einfach, weil ich Lust dazu habe und rumgucken will. 😉
Mein Mensch sagt, ich würde meine Angriffe strategisch planen, weil ich oft so angreife, dass mein Mensch in die Sonne schauen muss, oder ich nehme den Wind zuhilfe und komme so auf hohe Geschwindigkeiten beim Angriff.
Oder ich fliege scheinbar unbeteiligt langsam heran, um dann blitzschnell in einen überraschenden Angriffsmodus zu wechseln.
Bei einem könnt ihr euch sicher sein:
Ich mache nicht, was mein Mensch will.
Mein Mensch macht, was ich will!

Faszination Falke

Für einen Falken ist Falknerei die Kunst, einen Menschen an sich zu binden. ;-)

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5 Kommentare

  1. sagt:

    Ein wunderbar informativer Artikel, liebe Ronja: danke!
    „Mein Mensch macht, was ich will!“ – Richtig so! Hast sie gut erzogen! 😉
    Uebrigens: gestern ist es ir zum ersten Mal gelungen, den Falken, der sein Nest auf bei unserer Nachbarin auf einer Eiche hat, zu fotografieren. Leider nur aus weiter Entfernung, und daher etwas unscharf, aber ich bin froh, dass ich das Foto habe, und werde es, nach ziemlicher Bearbeitung, auch mal in einem meiner Blogs zeigen.
    Apropos Falke hier: Texas Hill Country wuerde Dir bestimmt auch gefallen, Viel weites huegeliges Land, Baumbestand, aber auch viel freie Flaeche, um darueber zu kreisen.
    Liebe Gruesse,
    Pit

    1. Die Landschaft bei Dir würde Ronja bestimmt sehr gefallen, um darüber zu kreisen. 🙂
      Ich bin gespannt auf Dein Falkenfoto. Was für eine Art ist es?

  2. sagt:

    Fuer die Landschaft, schau mal hier rein:
    https://wp.me/p4uPk8-lb
    https://wp.me/p4uPk8-tV
    https://wp.me/p4uPk8-ot
    https://wp.me/p4uPk8-o8
    Zu dem Falken: ich kenne nich da nicht aus, aber jemand hat mal gesagt, es sei ein „Red-Tailed Hawk“. Ob das Bid mehr zur Identifizierung hergibt, das bezweifle ich nach dem ersten Anschauen. Ich hoffe, ich kriege den noch einmal passend vor die Linse. Bisher hatte ich nie die Kamra schnell genug schussbereit. 🙁

    1. Ein Red-Tailed Hawk ist auf deutsch ein Rotschwanzbussard. Wird gerne für die Beizjagd genommen, sie sind kräftig. Gehören zu den Habichtartigen, und sind die häufigsten Bussarde in Nordamerika.

      1. sagt:

        Danke fuer die Informationen! 🙂

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